Jeder aktive Sourcer merkt schnell: Nicht alleine die persönlichen Sourcing Kenntnisse bestimmen den Sourcing Erfolg. Es sind auch nicht die Tools oder die vom Fachbereich gewünschten “Top-Kandidaten”. Ein wichtiger Faktor ist, wie man das Active Sourcing mit dem Recruiting und Personalmarketing kombiniert. Und deshalb ist es entscheidend, welche interne Unterstützung dieser neue Prozess “Active Sourcing” in der Organisation erfährt – besonders vom eigenen Chef. Wir möchten mit diesem Blog-Post bei der Beantwortung der Frage helfen, ob die erfolgreiche Umsetzung effizienter Sourcing Prozesse ohne bzw. gegen den Chef (überhaupt) erfolgreich möglich ist.
Inhaltsverzeichnis
- Sourcing Kenntnisse sind nicht gleich Sourcing Erfolg
- Gibt es ein typisches Web 1.0-Mindset?
- Das echte HR-Problem beginnt mit fehlendem Social Mindset (Web 2.0-Denken)
- Sourcing Kenntnisse erfordern ein Digital Mindset (Web 3.0-Denkweise)
- Was passiert, wenn man Web 3.0-Tools mit einem Mindset 1.0 nützt?
- Welche Sourcing Kenntnisse braucht ein zielorientierter, erfolgreicher Sourcer heute?
- Erde an Chefs: Seit wann sind passive Talente gleich aktive Bewerber?
- Warum Sourcing Kenntnisse beim Chef mit 1.0-Mindset nichts helfen
- Fazit: Hallo Old-School-Chefs – Ihr seid Fortschrittsbremsen!
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Sourcing Kenntnisse sind nicht gleich Sourcing Erfolg
Jeder. der sich aktiv mit dem Prozess des Active Sourcings auseinander gesetzt hat, stellt fest: Viele effiziente Active Sourcing Teilprozesse laufen anders als die einzelnen Schritte im Recruiting. Es ist nicht nur das Medium “Internet” bzw. XING, LinkedIn und Google, das sich deutlich von den eher statischen Job Börsen unterscheiden.
Sondern gerade diese stetige Veränderung der Online-Welt erfordern vom erfolgsorientierte Sourcer heute, dass er nicht nur seine Sourcing Kenntnisse up-to-date halten muss.
Es ändern sich parallel auch durch neue Candidate Journeys deren Candidate Experience. Diese erfordern regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Prozesse. Zum Beispiel: Ein Job Titel der am Jahresanfang noch hip war ist schon im Mai nicht mehr interessant. Dies sind typische Zeichen einer Web 4.0 Umgebung. In einer solchen, sich stetig verändernden Welt kann man nur noch mit agilem Arbeiten und entsprechender geistigen Flexibilität erfolgreich sein. Aber natürlich ist weder online noch in der realen Welt alles bereits 4.0, sondern wir haben es meist mit Mischwelten zu tun.
Gibt es ein typisches Web 1.0-Mindset?
Natürlich hinken alle Typisierungen – doch kann man tatsächlich ein Web 1.0 Mindset erkennen: Typisch dafür ist eine rein technische Sicht des Webs und auch dessen entsprechende Nutzung. Mit diesem Mindset wird angenommen, dass Websites und Online-Informationen “öffentlich” und statisch sind sowie “frei verfügbar”. Tatsächlich waren damals auch noch sämtliche Software-Tools kostenlos im Netz zu beziehen, ebenso das Knowhow. Man wußte exakt, was man tat und wie es durch die Software umgesetzt wurde – die Systeme waren übersichtlich und somit verständlich.
Es gibt nach wie vor viele Menschen und auch ganze Organisationen (Einheiten) mit dieser 1.0-Denkweise. Solange sie unter sich bleiben, sind sie erfolgreich. Gerade habe ich wieder von einer Personalberatung gehört, die immer noch kein Bewerber-Managementsystem hat, alle Email ausdruckt und dabei ausgesprochen erfolgreich Stellen besetzt und Web 1.0-Kunden betreut.
In Mischwelten sieht das anders aus: Ihr zusätzliches Web 1.0-Silo-Denken und fehlendes Social Mindset (also Web 2.0-Denken) bringen für die Gemeinschaft aller große Probleme im Arbeitsablauf und damit im Ergebnis. Und die Inseln der reinen 1.0-Welten online und offline werden immer weniger. So ist oft dieses Mindset der Sand im Getriebe.
Das echte HR-Problem beginnt mit fehlendem Social Mindset (Web 2.0-Denken)
Mit dem Social Web und damit Social Media begann auch im ganzen Internet der Austausch und die aktiven (Online-) Gespräche. Aber mit dem dem Web 1.0-Mindset wird dieser Austausch und damit die Augenhöhe ignoriert wird. Denn alle (sozialen) Online-Web 2.0-Möglichkeiten werden mit dem Web 1.0-Denken unter dem Paradigma gesehen und genutzt, wie sie selbst oder ihr Unternehmen Sender-Informationen an möglichst viele Empfänger übermitteln können (also nicht sozial, sonder one-way).
Employer Branding oder Talent Acquisition Maßnahmen mit diesem Web 1.0-Mindset sind auf reines, empathiefreies Broadcasting ausgelegt. Heute laufen Personen mit diesem Web 1.0 Mindset Gefahr, dass ihre Kommunikation und ihre Verhalten online narzisstische Züge annimmt und sie sich nur selbst inszenieren. In diesem Fall unterscheidet sich deren Selbst- und Fremdbild sehr und die Personalbeschaffung steht auf wackeligen Beinen.
Sourcing Kenntnisse erfordern ein Digital Mindset (Web 3.0-Denkweise)
Kommen wir zum Thema Sourcing zurück. Alle Tools und Plattformen bzw. Sources sind nicht nur im stetigen Wandel. Die Änderungsgeschwindigkeit steigt ebenso. Immer mehr digitale Tools kommen dazu und alte gehen. Alle neuen Tools sind heute nicht einfach nur komplizierte Software, sondern sie sind Algorithmen. Will ein Sourcer ein solches Tool gezielt nutzen (und nicht zufällig sondern ausschließlich Talente finden), dann muss er seine Usage an diese Tools anpassen.
Deshalb erfordert es vom erfolgreichen Sourcer neben neuen, rein technischen und agilen, prozessualen Sourcing Kenntnissen ein flexibles Sourcing Mindset bzw. Digitales Mindset (hier mehr dazu Digital Mindset – Digital ist keine Software, es ist eine Denkweise!)
Der Grund dafür ist einfach: Die heutigen Sourcing Tools sind mindestens Web 3.0 oder oft sogar 4.0 Tools. Sie steuern auf künstliche Intelligenz zu – manche werden sogar schon als künstliche Intelligenz bezeichnet. Deshalb sind diese digitalen Tools nicht einfach nur kompliziert, sondern komplex.
Die logische Folge, die dabei übersehen wird: Ihre erfolgreiche Nutzung ist damit ebenso komplex. Und so ist auch die Integration in bestehende Softwarelandschaften, Prozesse und die Strukturen von Organisationen ein komplexes Unterfangen. Diese kann man nicht einfach mit linearen Projektmanagement umsetzen. Man braucht heute für die Einführung, Implementierung und den Einsatz von diesen High-Tech-Tools ein agiles Vorgehen und Mindset.
Was passiert, wenn man Web 3.0-Tools mit einem Mindset 1.0 nützt?
Im Web 1.0 dachten alle Sourcer noch “linear”. Ihre damaligen Tools (Keyword Suchmaschinen) funktionierten, in dem man einfach ein Keyword eingab und davon ausgehen konnte, dass die Suchmaschine Websites mit diesem Keyword ansteuert und in der Ergebnisliste nur Ergebnisse mit den eingegebenen Keywords anzeigt. Viele mit Web 1.0-Mindest denken, dass das Internet und die heutigen Suchmaschinen immer noch so funktionieren – und nützen diese und die Tools so. Was aber bei den heutigen Semantischen Suchmaschinen nur zu zufällig guten Ergebnissen führt.
Denn man kann diese neuen digitalen 3.0- und 4.0-Technologien auch mit dem Mindset 1.0 nützen – doch das ist eine Erfolgs-Sackgasse. Von außen sieht das am Anfang so einfach aus. So freut man sich zwar schnell über die ersten, zusätzlichen “Kandidaten”, die man ansprechen kann. Meist wird aber schnell festgestellt: Die sind nur User und verhalten sich irgendwie anders, sie antworten kaum und wenn, dann zögerlich oder sagen gleich ab.
Denn man übersieht: Passive Kandidaten verhalten sich online nochmals ganz anders als Bewerber. Sie haben einfach kein direktes Wechselinteresse und sind nicht durch One-Way-Broadcasting zu überzeugen.
Welche Sourcing Kenntnisse braucht ein zielorientierter, erfolgreicher Sourcer heute?
Auch merkt man bei Experten-Suchen: Die vorhandenen Informationen in diesen digitalen Tool reichen selten und nur bei aktiven Talenten für eine echte Identifikation. Die Ergebnisse bei einfachen Suchen bleiben somit unscharf. Sie sind zwar scheinbar besser als die Recruiting-Ergebnisse. Doch sind die Personen, die man online gefunden hat, nur User – und damit weder Bewerber und auch (noch) keine Kandidaten.
Was macht ein Active Sourcer mit dem Mindset 1.0, um diese Situation zu verbessern? (Oder was erwartet ein Chef mit 1.0-Denken?) Er überträgt aus der Gedankenwelt 1.0 die linearen Prozesse: Die Zahl der Ansprachen und die Frequenz der Reminder wird gesteigert – sehr wahrscheinlich im per Gießkannen-Stil mit vielen Ich-Botschaften (Me-Myself & I-Style)
Hätte der Sourcer oder Sourcing-Chef ein Web 4.0-Mindset, würde dieser zuerst die Suchprozess überprüfen, wenn etwas nicht klappt. Mit einem 4.0-Mindset klärt man Soll-Ist Abweichung bzw. Status, Plan, Methodik und Tools regelmäßig. Und würde sich Rat holen sowie sich mit anderen austauschen, neue Tools probieren, neue Wege testen. Er würde nicht Fehler bei dem Tools oder Anbietern suchen. Sondern Lösungen durch die eigenen Vorgehensweisen herbeiführen. Und die Learnings als Erfahrung und eine andauernde, spannende Lernreise und damit positiv sehen.
Kurz: Ein erfolgreicher Sourcer ist flexibel und veränderungsbereit. Er/Sie wird eine agile und iterative Lösungsstrategie und -umsetzung wählen. Das erfolgreiche Sourcer Mindset ist ein agiles Mindset. Dies gilt auch für den erfolgreichen Chef von Sourcern (mehr dazu und wie man das lernt in unserem Sourcing Leadership Training hier).
Erde an Chefs: Seit wann sind passive Talente gleich aktive Bewerber?
Die meisten Chefs integrieren das Active Sourcing in ihre Personalbeschaffung um einerseits Kosten für Dienstleister zu reduzieren, andererseits auch selbst das Kandidaten-Spektrum zu erweitern (wie man das richtig macht, hier ein Blogpost von mir im Human Resources Manager: Active Sourcing – drei Schritte zum individuellen Erfolgsmodell). Denn Sie hoffen so, auch passive Talente gewinnen zu können.
Doch dabei wird die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Passive Talente sind nicht einfach mit Web 1.0-Denken (= Viel hilft auch viel) zu gewinnen. Sie sind keine Bewerber, verhalten sich auch nicht so. Sie finden Broadcasting Messages überhaupt nicht toll, reagieren oft erst nach dem dritten Reminder (wenn dieser wertschätzend formuliert wurde). Und sie haben ihre Profile fast kollektiv nicht aktualisiert. Sie sind zum Zeitpunkt eines ersten Gespräch maximal Interessenten und müssen erst noch gewonnen werden.
Noch viel schlimmer: Einmal gefunden, haben diese User nicht zugestimmt, dass man ihre persönlichen Infos in einer Bewerber-Datenbank speichern darf. Also geht das nach DSGVO auch nicht. Und jetzt wird es nicht nur kompliziert, die Übersicht über alle Kontakte zu wahren.
Sondern nun ist die Situation sehr komplex. Und diesen Teil des Informationsmanagements im Sourcing kann man nur sehr schwer erfolgreich mit einfachen Tools bewältigen.
Warum Sourcing Kenntnisse beim Chef mit 1.0-Mindset nichts helfen
Ein Beispiel: Bei XING kann man heute mit dem Premium Account nur noch 5 Nachrichten an Nicht-Kontakte senden (seit November 2018 – hier mehr). Was machen also die armen Sourcer mit Chefs, die ihnen kein Premium Tool wie den TalentManager bezahlen (mit dem sie 1000 Nicht-Kontakt ansprechen können)? Sie schicken massenweise im Gießkannenprinzip Kontaktanfragen, deren Effizienz fraglich ist.
Das Sourcing Ergebnis hängt von der agilen und effizienten Nutzung und Kombination von Sourcing Tools an der richtigen Stelle ab. Ebenso basiert es darauf, wie ein Sourcer das Informations- und Datenmanagement durchführt. Das kostet Zeit, auch mit guten Tools. Hat ein Sourcer keine Arbeits-Umgebung, die ihm oder ihr das ermöglichen, nützen ihm oder ihr seine/ ihre Sourcing Kenntnisse nur sehr wenig.
Fazit: Hallo Old-School-Chefs – Ihr seid Fortschrittsbremsen!
Noch mehr als die Recruiting Kollegen können Chefs den Sourcing Prozess und damit eine Stellenbesetzung mit Sourcing faktisch sabotieren ( hier mehr: Die 6 zentralen Ursachen, warum Recruiter Sourcer (un-)bewußt torpedieren) Das Sourcing Ergebnis hängt somit ganz klar von der Nutzung und Kombination des Webs ab und ist ohne probate Tools kaum effizient möglich. Erfolgreiche Sourcer brauchen eine Umgebung, in der sie Tools und Methoden orchestrieren können.
In digitalen Disziplinen ist noch kein Meister vom Himmel gefallen (für diejenigen, die dazu mehr lesen möchten hier mehr: Was hat Active Sourcing mit der Kunst des Hähne-Zeichnens zu tun?) Wer also effizientes Sourcing in seine Personalbeschaffungsprozesse integrieren möchte, muss sich darauf gefasst machen, dass diese agilen Prozesse und die ehrgeizigen, anders denkenden Sourcer die gesamte HR-Organisation entweder umkrempeln werden. Oder sie gehen und suchen sich eine Umgebung, in der sie wirklich arbeiten können.
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