Haben Sie schon mal gefragt, warum das Recruiting eigentlich einen schlechten Ruf hat und Human Ressource sich parallel sogar auch noch in Selbstgeiselung übt? Die Diskussionen gehen hier nun in immer kürzeren Abständen durch die Presse und in Multimedialen Zeitalter ist es keine Wunder, dass sich so um Aufmerksamkeit heischende Artikel leichter verbreiten. Ist doch der Fachkräftemangel eine zu mindest für viele Unternehmen bereits tatsächlich störende ‘interruptive’ Realität im Business Prozess.
Inhaltsverzeichnis
- Gibt es einfache Recruiting Lösungen?
- Das digitalisierte Recruiting
- Und hier kommen die 5 Gründe
- 1.) Recruiting ist eine ganz junge Profession
- 2.) Schlechte Nachrichten verteilen sich einfach besser
- 3.) Der Recruiting Service ist inkonsistent.
- 4.) Unsere technischen Tools sind fluide.
- 5.) Der falsche Stolz auf Berufserfahrung in einer Digitalen Welt.
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Gibt es einfache Recruiting Lösungen?
Bei Lösungen gibt die Möglichkeit des Externalisierens – also auf die anderen zu deuten, die daran schuld sein könnten: Hiring Manager bzw. beauftragende Fachbereiche, Geschäftsführung, Betriebsrat, Universitäten, die schlecht ausbilden und dann natürlich die beauftragten externen Kollegen, die Headhunter, Personalvermittler, Personalberater und die Technik. Das letztere ist aber so, wie wenn man die Straße dafür verantwortlich macht, wenn man einen Unfall hat – technisches Versagen ist bei Recruitern als Ursache für die Nichtbesetzung einer Stelle ziemlich unwahrscheinlich.
Das digitalisierte Recruiting
Und nun kommen wir zur Digitalisierung: Sie verändert auch im Recruiting Prozesse und bietet neue Tools und Methoden. Und mit der Digitalisierung wurde der Ruf, dass Recruiter schlechte Arbeit leisten auch noch unter der begrifflichen Stopfgans ‚Fachkräftemangel‘ zusammen gefasst. Und alle sind damit beschäftigt zu externalisieren und mit dem Finger auf andere zu deuten. Was ja verständlich menschlich ist – aber uns nicht weiterbringt.
Und eine gute Sache der Digitalisierung ist: Es geht in jedem Fall weiter, mit oder ohne das Recruiting. Und wenn Recruiter in der neuen Ordnung sich nicht einen neuen Platz schaffen, dann übernehmen Maschinen – oder andere. Während sie selbst noch mit Selbstjammer oder Angriff beschäftigt sind.
Und hier kommen die 5 Gründe
Also, wie sagen die Hamburger: Mal Butter bei die Fische. Was kann man aus der Vogelperspektive ohne Weinen und Wutgeheul festhalten:
1.) Recruiting ist eine ganz junge Profession
Ärzte gibt es seit es Universitäten gibt, das Handwerk viel länger, selbst die Buchhaltung kann hunderte Jahre zurückblicken. Recruiting kam es direkt erst nach dem Krieg durch die wenigen Personalberater auf, da im Wirtschaftswunder auch Fachkräftemangel herrschte. Die meisten ersten Personalleiter waren Juristen oder kamen aus der Verwaltung, also Gehaltsabrechner. Im Grunde also seit ca. 1960 – 50 Jahre oder 55 Jahre gibt es unsere Profession.
Das ist nicht viel – deshalb wird es auch noch nirgend wo gelehrt. Man ist daran gewöhnt das ‚Learning bei Doing‘. Naja, so haben die Medzinmänner / Ärzte auch angefangen, da ist auch viel schief gegangen … professionell ist es nicht und die Fehlerquote bei einem solchen Agieren im Digitalen Zeitalter muss ja in den Himmel schnellen.
2.) Schlechte Nachrichten verteilen sich einfach besser
Ein Senior Personaler hat einmal zu mir gesagt: Personaler sind wie Laternen, Sie müssen allen helfen, die straucheln, sie leuchten allen das Licht, wohin es geht – aber jeder kleiner Fifi kann an ihnen das Beinchen heben. Und wir haben uns auch noch daran gewöhnt, an die Fifis. Menschen fixieren sich auf Fehler und auf das Negative im Weitersagen (Faustregel der PR: Negative Infos verbreiten sich 7fach besser) und bei den vielen Selbstgeiselungen ist auch Angstlust dabei. Und diese stehen derzeit auch noch der narzistischen Selfiemania in der Digital Transformation gegenüber – keine gute Ausgangsbasis, um als Recruiter als wirklicher Partner wahrgenommen zu werden.
Und hier sollte man das Wort ‘wahrnehmen’ tatsächlich auch so lesen und verstehen. Ein Grundproblem der ‘schlechten Nachricht’ ist, dass HR und das Recruiting sich selbst oft außerhalb des Business positioniert. Also nur als ‘Berater’… und den externen Beratern und Vermittlern zahlen sie selbst ja auch schon oft nichts mehr … Ich stelle jetzt mal die ketzerische psychologische Frage: Warum berät HR als ‚HR Business Partner‘ das Business – von außen? Also bitte, ist HR und das Recruiting kein Bestandteil des Business? Nur ‘partnernder’ Berater?
3.) Der Recruiting Service ist inkonsistent.
Sarkastische ist dieses Bonmot, aber es ist viel Wahres daran: Personaler handeln mit einer Ware, die ihnen nicht gehört, die einen eigenen Kopf hat und absolut keine Qualitätskonsistenz und haben Kunden, die alles besser selbst können und sich oft an Vereinbarungen nicht gebunden fühlen. Kandidaten überlegen sich immer wieder was anderes, haben bei den Interviews plötzlich andere Launen.
Aber auch Fachbereiche organisieren mitten in den Suchen um oder geben Stellenbeschreibungen nur halb weiter oder vergessen einfach – ohne böse zu sein – Dinge, die für den Recruitingerfolg entscheidend sind. Dazu kommt die Auflösung der Vertragsbeziehungen zu neuen Mitarbeitern – mal Freelancer, mal Festvertrag, mal Leasing-Mitarbeiter, Teilzeit – das Talentmanagement wird auf dieser Ebenen zunehmend ein ‘Workforce Management’ und das Recruiting ist nur zu oft dabei außen vor.
4.) Unsere technischen Tools sind fluide.
Besonders hart trifft es Personaler im Toolbereich – sie haben sich an die Veränderlichkeit ihrer Tools gewöhnt. Schließlich werden HR Tools immer dem Rest der IT oder Unternehmensorganisation untergeordnet. Wer hat definitiv den letzten ersten Computer bekommen in den Unternehmen? HR – da reichte damals auch die Schreibmaschine mit Speicherfunktion.
Welche SAP Modul wurde immer als letztes einführt? HR. So geht es weiter. HR hat gelernt von der Pike auf damit umzugehen und nimmt deshalb eine gesunde Distanz zu den kommenden und gehenden ‚technischen Hilfen‘ an. Und da das Recruiting die Speerspitze des HR ist und derzeit der i-Punkt im Fachkräftemangel, ist diese bisher gesunde Distanz ungesund geworden.
5.) Der falsche Stolz auf Berufserfahrung in einer Digitalen Welt.
In allen westlichen Nationen lebt es das Anciennitätsprinzip (hier Wikipedia dazu) – wer länger arbeitet, weiß automatisch mehr und macht Karriere. Das funktioniert im Digitalen Zeitalter nicht mehr, denn dieses ist im wahrsten Sinne des Wortes disruptiv. Das heißt HR spielt gerade das Hase-und-Igel-Spiel mit dem Digitalen Change. Nur, dass HR der Hase ist und immer noch denkt, man kann mit der mühevollen Arbeit und im-Zickzack-Laufen gewinnen.
Kann man nicht, der Igel ist immer schon da. Deshalb ist die harte Wahrheit für viele: den geliebten beruflichen Lebensstolz auf XX fundierte Berufserfahrungsjahre etwas einzuschränken oder besser ganz über Bord zu werfen und nochmals in die Lehre zu gehen. Lernen heißt ds Zauberwort- lebenslang Lernen und Anpassen ist damit gemeint. Das Letztere wäre wirklich professionell und kein HR-Wissens-Selfie.
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