Die Job No-Shows: Der Albtraum und die schlimmste Angst von Recruitern und Active Sourcern. Monate und Monate verbringen wir damit, nach dem richtigen Kandidat:innen zu suchen. Und dann weitere Monate und Monate damit, dass wir darauf warten, dass sie verschiedene Pre-Boarding-Aktivitäten abschließen – um dann am Ende nicht einmal am ersten Arbeitstag zu erscheinen! In diesem Blogpost möchte ich erklären, was Job No-Shows sind und ein paar Lösungen vorschlagen, wie man diese vermeiden kann.

Was ist sind Job No-Shows – ist das neu?

Jeder Recruiter kennt das: Endlich – ein interessanter Kandidat und es wird ein Gesprächstermin vereinbart. Aber der Kandidat kommt nicht, sagt nicht ab oder ist – im Fall eines Telefoninterviews – nicht erreichbar. Das nennen wir Ghosting (hier mehr im Blogartikel: Wenn Ghosting, Benching und andere Dating Unarten ins Recruiting einziehen) – oder diese Kandidat:innen sind sogenannte

No-Shows: Kandidat:innen, die nicht zum Interviewtermin erscheinen.

Aber es kommt noch schlimmer – der Ex-Kandidat bzw. zukünftige Kollege kommt nicht zum ersten Arbeitstag. Es ist auch eine Form von Ghosting, vor allem wenn dieses unerwartet und ohne Nachricht geschieht. Und das obwohl man gute Gespräche hat, die Bewerbung mit Referenzen gestimmt hat, ein Onboarding geplant ist. Dieses Phänomen heißt Job No-Shows und ist leider nicht neu. Das gab es hier und da schon früher.

Job No-Shows: Zukünftige Mitarbeiter:innen, die ihren Arbeitsvertrag nicht antreten bzw. nicht am ersten Tag erscheinen – oft sogar ohne Kündigung oder einer anderen Nachricht.

Job No-Shows – der Recruiting Supergau!

Doch nun häufen sich die Nachrichten, dass Kandidaten Verträge unterschreiben und dann den Job nicht antreten. Es sind nicht nur Berufsanfänger, die am ersten Tag nicht erscheinen, manche sogar ganz ohne Meldung und Information. Es sind sogar Manager und Führungskräfte, ja sogar Recruiter-Kollegen selbst, die diese Version der “Kündigung vor Vertragsantritt” oder sogar das unhöfliche Ghosting wählen.

Aber auch die kommunikative Variante in Form einer Absage wird von uns Recruitern und Personalmanagern gehasst. Fast jeder hat einen solchen Anruf irgendwann in seiner Karriere erhalten: „Entschuldigung, aber es hat sich etwas anderes ergeben und ich kann das Angebot nicht mehr annehmen“.

Und das nachdem alle anderen Kandidaten abgesagt sind, die eigenen Sourcing Aktivitäten eingestellt wurden, der Personaldienstleister bezahlt ist und sogar oft schon das Auto, der PC und das Mobiltelefon bestellt wurden. Also viel Liebe, Erwartung aber betriebswirtschaftlich auch Zeit, Mühe und finanzielle Ressourcen investiert wurden. Meist passiert es ohne Onboarding-Prozess bzw. einem On-Boarding, das die Wartezeit bis zum Arbeitsanfang nicht beachtet. Und so die ehemaligen Kandidat:innen und zukünftigen Mitarbeitenden alleine lässt (aus deren Sicht).

Warum passieren Job No-Shows?

Was motiviert nette Ex-Kandidat:innen, mit denen man sympathische Gespräch geführt hat, die einen Vertrag unterschrieben haben und sich sogar ein Mobiltelefon und einen PC ausgesucht haben, einfach gar nicht erst den Job zu starten? Und nicht selten: Sogar zu ghosten – also sich einfach gar nicht zu melden? Ich habe ein paar Argumente aufgelistet, die auf persönlichen Erfahrungen bei der Einstellung basieren.

Kalte Füße

Vielleicht klingt das für Sie komisch, wenn Sie es so ausdrücken, aber manche Leute bekommen einfach kalte Füße. Sie gingen mit guten Vorsätzen in die Bewerbungsphase und haben sogar alles mit dem Lebenspartner oder der Lebenspartnerin abgesprochen. Aber als es an den Umzug geht und oder weil zuhause sich die Partnerschaft nicht so entwickelt, wie man das möchte, wurde ihnen im Endeffekt der Schritt zu viel: Sie haben sich entschieden in ihrer Komfortzone zu bleiben. Hier hat dann der neue Kollege bzw. die neue Kollegin aus ihrer eigenen Sicht einen zu großen Verantwortungssprung gemacht, für den sie sich noch nicht bereit fühlten.

Gehalts- und Vertragskonditionen

Ich denke, das ist wahrscheinlich der häufigste Grund für das Zurücktreten eines neuen Mitarbeitenden . “Entschuldigung, aber mir wurde ein höheres Gehalt angeboten, um in der Position zu bleiben, in der ich derzeit bin.” Meist wird das vom aktuellen Arbeitgeber angeboten.

Dazu kommt der Fachkräftemangel: Der Wettbewerb ist hart und andere Arbeitgeber lassen nicht locker. So bieten sie gezielt höhere Gehälter, teils sogar kombiniert mit besseren Arbeitsbedingungen wie Full-Remote. Oder sie haben einfach nur ein Office in der Nähe und die Kandidat:innen wollen in Wahrheit nicht mehr remote arbeiten, sondern die Kollegen jeden Tag beim Kaffee sehen.

Deshalb: Sie als Recruiter* sollten unbedingt in Gehaltsdingen sehr, sehr vorsichtig und hellhörig sein: Wenn Gehalt die Hauptmotivation für den Wechsel ist, besteht akute Gefahr eines Job No-Shows.

Candidate Experience

Dies mag zufällig erscheinen, aber die Candidate Journey und damit die Erfahrung auf dieser Reise strahlt auch nach der Vertragsunterschrift aus. Sie ist sehr wichtig. Kandidat:innen möchten Sie sich bei jedem Schritt des Prozesses gefragt fühlen, und sobald das Engagement und die Aufregung nachlässt, haben Sie die Möglichkeit, sich Gedanken zu machen.

Versetzen Sie sich in einen Kandidaten oder eine Kandidatin, die 3 Monate nichts von Ihnen hört, oder nur ein paar kurze Fragen, wie: “Welches Mobiltelefon sollen wir Dir bestellen”. Ich kann mir vorstellen, dass dann das Gefühl und der Verstand dieses zukünftigen Mitarbeitenden arbeitet und dieser fragt: „Will ich da jetzt überhaupt noch arbeiten?” oder „Haben sie mich vergessen?“. Aus diesem Grund ist eine gute Candidate Experience wichtig und endet nicht mit der Vertragsunterschrift. Sie überschneidet sich mit der On-Boardingphase, wenn Sie es richtig machen wollen.

Besseres Angebot

Wenn sich ein Bewerber für Ihre Organisation beworben hat, hat er sich wahrscheinlich auch auf andere Stellen bei anderen Organisationen beworben. Kandidaten erhalten manchmal mehrere Angebote, die sie verwenden, um den für sie bestmöglichen Karrierestep zu gehen.

Nur weil ein Kandidat ein Angebot bei Ihnen angenommen hat, bedeutet dies nicht, dass er dies nicht als Druckmittel bei einer anderen Bewerbung oder sogar bei seinem aktuellen Arbeitgeber nutzen wird. Man nennt dies Pokern und das ist eine alte Tradition, das haben manche Kandidaten auch schon früher gemacht. Nur der Fachkräftemangel hat so den einen oder anderen unvorsichtig werden lassen.

Persönlich – wir können als Recruiter nicht helfen

Wenn uns das vergangene Jahr etwas gelehrt hat, dann passiert es manchmal einfach – unerwartet und ohne jede Vorwarnung. Wir können es nicht verhindern und wir wissen nicht, wie Menschen mit persönlichen Druck umgehen. Als die Pandemie ausbrach, wurden weltweit fast alle Bewerbungsverfahren erst Mal einfroren oder sogar beendet. Das sind Erfahrungen, die gerade junge Leute prägen.

Menschen neigen dazu, zu pauschalisieren, das heißt Vorurteile und Meinungen ihrer Entscheidung zugrunde zu legen, die nichts mit Logik oder Vergleichbarkeit direkt zu tun hat. Manche Dinge liegen einfach außerhalb der Kontrolle von irgendjemandem und wir wissen nicht, wie diese damit umgeht. Und deshalb ist es manchmal am besten für diese Person, einen Schritt zurückzutreten und die Situation neu zu bewerten. Wir können nicht erwarten, dass diese Persönlichkeit uns in alles einweiht. Und manches Mal weiß sie es selbst (noch) nicht.

5 Tipps, wie Sie sich vor Job No-Shows schützen können

Nachfolgenden haben wir Ihnen 5 Möglichkeiten zusammengestellt, damit Sie Ihren Recruiting und Sourcing Prozess so überprüfen und anpassen können, um die Gefahr eines Job No-Shows zu minimieren:

1. Verstehen Sie die Erwartungen und Ziele der Kandidaten im Voraus

Besprechen Sie die Job rolle im Detail und wissen Sie, was die Kandidaten davon halten. Sprechen Sie über den Job und die Gehaltsvorstellungen, ihre Interessen und was sie dazu bewogen hat, sich für die offene Stelle zu bewerben. Beurteilen Sie ihre Begeisterung für den Arbeitsplatz, bevor Sie ein Vorstellungsgespräch vereinbaren.

2. Verbessern Sie Ihr “Screening”

Langwierige Screening-Verfahren können sowohl zeitaufwändig als auch ärgerlich sein. Das Ziel ist kein langwieriger Screening-Prozess, sondern ein kluger. Versuchen Sie auch, auf die Bedürfnisse der Kandidaten einzugehen und ihnen die Flexibilität zu geben, ein Datum und eine Uhrzeit zu wählen, die sie bevorzugen.

Mit einer Recruiting-Software können Sie Ihre Recruiting-Prozesse optimieren. Auf diese Weise können Sie die Recruiting-Zeit verkürzen und auch Möglichkeiten zur Selbsteinplanung ermöglichen.

3. Halten Sie alle Kandidatenkommunikationen klar

Seien Sie im Umgang klar und transparent. Kommunizieren Sie Ihren Recruiting-Prozess und Ihre Zeitpläne klar mit dem Kandidaten. Senden Sie nach Erhalt der Bewerbung des Kandidaten eine Bestätigungs-E-Mail. Führen Sie auf ähnliche Weise einen E-Mail-Kommunikationsthread zu den Interviewplänen oder anderen Details. Eine effektive und schnelle Kommunikation von Ihrer Seite führt automatisch dazu, dass der Kandidat ähnlich reagiert.

4. Einholen von Kandidaten- bzw. Feedback der künftigen Mitarbeiter

Wenn Sie den Grund einen möglichen Job No-Show kennen, können Sie diesen  verhindern. Sie können zukünftige Mitarbeiter per E-Mail zu einer Umfrage einladen, sie in einem WhatsApp Chat immer wieder fragen, wie es Ihnen geht, sie informieren, dass ihr neues Mobiltelefon schon da ist  – überhaupt die aktive Interaktion zeigt Ihnen, wo die Kandidat:innen stehen. Listen Sie in dieser Phase das Feedback auf und werten es aus.

Der On-Boarding-Prozess beginnt im Grund nach der Vertragsunterschrift – und ist keine Einbahnstraße in der Kommunikation. Deshalb ist es gut, die Mitarbeiter zu fragen, die gerade angefangen haben, was sie gut fanden und was nicht so wünschenswert war. So können Sie Job No-Shows vermeiden und den On-Boarding-Prozess und damit den Arbeitsanfang sicherstellen.

5.  Details, Details, Details!?

Stellen Sie sicher, dass es keine versteckten Überraschungen für den Ex-Kandidaten und neuen Mitarbeiter gibt. Sie kennen sicherlich den Unterschied zwischen überreden und überzeugen. Zuviel ist einfach zu viel – und nicht gut. Kandidaten können sich oft nicht alles in der Stellenanzeige merken – manche lesen nicht mal die Stellenanzeige ganz. Sie vertrauen auf den Titel – das ist heute, weil es am Mobiltelefon passiert das neue “vollständig”.

Daraus abgeleitete Erwartungen können schnell zu Missverständnissen und dann zum Absprung führen. Zu wenig Information ist aber auch nicht gut. Der beste Weg ist ein gesundes Mittelmaß  an Informationen kombiniert mit der Wiederholung und der Sicherstellung, dass die Kandidaten:innen die Aufgaben und das Umfeld des neuen Jobs verstanden haben.

Fazit: Bauen Sie Beziehungen auf und planen Sie das “Hiring-Aniversary”

Ja, Job No-Shows sind nicht neu, aber sie werden sehr viel sichtbarer und häufiger. Warum? Weil wir vielleicht zu schnell sind, oder vielleicht zu wohlmeind, also überreden und nicht überzeugen. Was ist die wirkungsvollste Medizin gegen diese Recruiting-Supergaus Job No-Shows?

Unsere Empfehlung: Versuchen Sie, nicht nur vor und nach den Vorstellungsgesprächen Beziehungen zu den neuen Mitarbeitern aufzubauen. Auch ein einfacher On-Boarding Prozess ist nicht immer wirksam, wenn er One-Way-Beschallung ist (er kann sogar an “Lovebombing” grenzen – hier mehr). Potentielle Mitarbeiter werden mehr daran interessiert sein, ihr Job nicht vor Arbeitsanfang zu kündigen, wenn sie eine Beziehung zu der Person aufgebaut haben, die sie anstellt.

Ich finde, erfolgreiches und gutes Recruiting und auch On-Boarding erfordert Einfühlungsvermögen und Verständnis für die Kandidaten (hier mehr: Erfolgreiches Recruiting im Digital Age geht nur mit Empathie)

HAPPY RECRUITING!

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