Nein, wenn ich Zombie-Sourcing schreibe, geht es nicht um das Suchen von Untoten und das Stellenbesetzen mit Zombies. Sondern ich schreibe über eine Sourcing-Prozess-Katastrophe, in die sich nicht nur einzelne Sourcer manövriert haben, sondern manches Mal sogar ganze Unternehmen. Und diese Katastrophe verbreitet sich derzeit wie ein Virus. Denn so mancher ist als Zombie-Sourcer unterwegs – ohne es zu wissen. In diesem Blogartikel wollen wir aufklären, was Zombie-Sourcing ist und die Symptome und Ursachen klären. Aber auch aufzeigen, was Sie dagegen tun können.

Was genau ist Zombie-Sourcing?

Zuerst möchte ich mal für diejenigen erklären, was Zombie-Sourcing ist, die den Begriff noch nie gehört haben. Das Hauptproblem bei Zombie-Sourcing ist, dass es oberflächlich wie normales Active Sourcing aussieht. Die Sourcer suchen und finden Talente, sie sprechen an, erhalten Antworten – dennoch verpassen sie ihr Ziel: Am Ende unterschreibt nicht der passende oder schlimmer noch kein Kandidat aus dem Sourcing einen Vertrag und wird eingestellt. Auch ist typisch für Zombie-Sourcing Teams, dass sie ihre Situation nicht selbst erkennen und deshalb auch nicht ändern wollen.

Kurz: Im Zombie-Sourcing wird der Kern der aufwendigen Suchen durch Active Sourcing nicht erreicht: Die Stellenbesetzungen mit dem Richtigen. Gleichzeitig gibt es keine Skalierung des Erfolgs, so dass das Zombie-Sourcing  verhindert, dass die Unternehmen dem Fachkräftemangel trotzen können.

Im Zombie-Sourcing fehlt das gesunde Herzblut eines funktionierenden, systematischen Sourcing Ablaufes bzw. eines professionellen Sourcing Prozesses und eines Sourcing Mindsets.

Die 7 Zombie-Sourcing Symptome aus der Hölle der Personalgewinnung

Der Zombie-Sourcing-Virus ist sehr ansteckend – aber er hat nicht nur viele verschiedene Symptome. Leider gibt es auch Mutationen davon, deshalb hier mal eine Aufzählung der 7 zentralen Symptome, die nicht alle in einem Sourcer oder Team vorkommen müssen. Doch wenn mehrere vorhanden sind, dass kann man sicher sein: Da stimmt was nicht – der Sourcing Prozess ist in Wahrheit tot und mit ihm die Chance gestorben, Stellen mit Sourcing gut und effizient aber auch stetig erfolgreich zu besetzen:

Symptom Nr. 1:
Fehlendes Herzblut für das systematische Suche und Finden und damit für einen Sourcing Prozess

  • Sie geben wahllos Keywords ein, klicken hunderte von Profile an, die dann alle gießkannenmäßig angeschrieben werden
  • Zombie-Sourcing ist gefangen im Experimentieren. Der Sourcer sucht ohne System und findet nur zufällig.

Symptom Nr. 2:
Fehlendes Sourcing Mindset bzw. Digitales Mindset

  • Zombie-Sourcing-Teams führen die Sourcing Aufgaben wie Roboter durch – aber sie haben keinen Spaß an der Arbeit.
  • Ein Zombie-Sourcer ignoriert, dass die Online-Welt eine VUCA-Welt ist und gehen immer gleich vor, egal was sich wieder geändert hat.

Symptom Nr 3:
Augenwischerei und Beschönigung – die Realität wird ausgeblendet

  • Das Zombie-Sourcing-Team feiert sich als Sourcing-Heros, haben viel Zeit in Social Media vermeintlich tolle Hacks und neue Tools zu verkünden. Aber besetzen keine Stellen mit passenden Kandidaten.
  • Typisch für Zombie-Sourcer wissen sie, wie sie den fehlenden Erfolg verschleiern. Sie externalisieren alles, wenn etwas nicht klappt: Schuld ist das Tool, der Kandidat, der Chef, die Situation – und alles ist gar nicht so schlimm und wird heruntergespielt.

Symptom Nr. 4:
Kein normales Verhalten gegenüber der Außenwelt von Kandidaten bis Fachbereich

  • Zombie-Sourcing-Teams wünschen sich keinen Kontakt zum Fachbereiche bzw. Hiring Manager sind für sie Störenfriede.
  • Sie kümmern sich nicht darum, ob ihre Kandidaten im Vorstellungsgespräch performen oder gar eingestellt werden. Sie haben ihre Arbeit getan, indem sie den Lebenslauf eines interessierten Kandidaten weitergegeben haben.

Symptom Nr. 5:
Keine Reaktion auf Erfolg oder Misserfolg: Die Stellenbesetzungen sind völlig egal

  • Die Kandidaten passen nicht? Nicht ihre Schuld – Active Sourcing ist so schwer und alles so zufällig!
  • Typisch für Zombie-Sourcer ist, dass die Zahl der Kandidaten über alles stellen, aber keine Qualität monitoren. Sie zählen nur die Antwortrate, die sie in der Regel völlig schönen. Weder Absagen noch ob eine Stelle je aus den durch Active Sourcing gewonnenen Kandidaten besetzt wurde, interessiert sie.
  • Matching hat für Zombie-Sourcer nichts mit Sourcing zu tun und wenn, dann macht das der Algorithmus und die Tools. Diese sind auch schuld, wenn was nicht klappt.

Symptom Nr. 6:
Kein Lernen, keine Skalierung oder Verbesserung

  • Typisch für Zombie-Sourcer ist, dass sie fleißig sein können und sogar ganze Excellisten an Kandidaten produzieren bzw in ihren Tools hunderte von Kandidaten in die Projekte sammeln. Doch so gut wie jeder dieser Kandidaten im Projekt passt nicht.
  • Zombie-Sourcer lernen nicht aus Fehlern – sie versuchen nicht, sich zu verbessern. Sie versinken im Sumpf, den sie für sich selbst geschaffen haben.

Symptom Nr. 7:
Egoismus, fehlendes Feingefühl und fehlender Gemeinschaftssinn

  • Zombie-Sourcer sind andere Sourcer und Recruiter und auch Kandidaten im Grunde völlig egal – sie ziehen ihr Ding durch: Es werden User gespamt, und dabei sogar noch davon gesprochen, wie sehr man die Ansprache individualisiert hat.
  • Zombie-Sourcer kommen nicht auf die Idee, dass sie mit ihrem Verhalten die Gemeinschaft und Reputation aller Sourcer zerstören. Sie denken, sie sind alleine unterwegs – ob nach ihnen die Sintflut kommt, interessiert sie nicht.

Es gibt viele Ursachen für Zombie-Sourcing

Die wohl bekannteste Ursache sind die Unternehmen, die “mal so schnell Active Sourcing nebenbei ” einführen und machen lassen. Sie benennen einen Mitarbeiter (meist ein Werkstudent), der das machen soll, nennen diesen Active Sourcer oder Talent Sourcer,  erklären den Hiring Managern / Fachbereichen dass sie jetzt auch Active Sourcing machen und schon ist es soweit: Das Unternehmen ist erfolgreich im Active Sourcing. Das Sourcing-Team schlüpft in eine unproduktive Handlungsweise namens „Sourcing“ und beginnt, die oben genannten Symptome zu zeigen, während so mancher Chef nichtsahnend sogar auf Bühnen erzählt, wie erfolgreich die Mitarbeiter im Active Sourcing sind.

Eine weitere Ursache kann der Mangel an Dringlichkeit sein, den Zombie-Teams empfinden. Sie spüren nicht die Notwendigkeit, Kandidaten individuell zu kontaktieren und sich in deren Experience einzuklinken. Da sie kein Feedback suchen, können und wollen sie auch nicht daraus lernen und hängen also in einer Endlosschleife einer Selbstlüge. Diese führt meist dazu, dass wie Roboter Anschreiben im Copy und Paste Verfahren an die Maximalzahl möglicher Kandidaten verschickt werden. Sie schädigen somit nicht nur die betroffenen User, sondern gleich die Kollegen mit, da deren individualisierten Schreiben untergehen. Und dass das so ist, steht gerade außer Frage: Die Antwortraten aller Sourcer (die ehrlich sind) gehen zurück.

Da jede Situation anders ist, finden sich auch nicht immer alle Symptome – doch eine Gemeinsamkeit aller Zombie-Teams ist erkennbar: Planlosigkeit bezogen auf auf die Durchführung des Sourcings und das Ergebnis einer Stellenbesetzung.

Was können sie gegen Zombie-Sourcing tun?

Das hört sich jetzt schlimm an und ist im Grunde sehr traurig, wenn man in einem solchen Zombie-Sourcing Team gefangen ist. Aber es ist absolut abänderbar und muss nicht so bleiben. Es ist nur ein Zustand – und da Sourcing ein Prozess ist, kann man jederzeit durchstarten. Hier kommen ein paar Vorschläge, wie Sie den Change starten können:

  • Machen Sie immer ein gutes “Intake”-Meeting mit dem Fachbereich bzw. Kunden und sprechen Sie über die wahren Hintergründe für die Stellenbesetzung. Versuchen Sie das Jobprofil zu verstehen und hinterfragen Sie die Anzeige.
  • Erstellen Sie ein für das Sourcing angepasstes Job Profil und eine Candidate Persona. Machen Sie sich von dem Online-Abbild Ihres Kandidaten ein Bild.
  • Diskutieren Sie im HR Team über die Rolle und Einbeziehung der Sourcer besonders auch bezogen auf die Stellenbesetzung, damit gelernt werden kann und Veränderung möglich werden.
  • Führen Sie einen klaren Sourcing Prozess ein, der systematische und interative Vorgehensweisen beinhaltet.
  • Stelle sicher, dass die Qualitätssicherung ein wichtiger Bestandteil dieses Sourcing Prozesses ist.
  • Bereiten Sie jedes Projekt sauber vor, testen Sie Keywords, prüfen Sie die aktuelle Lage der Suchmaschinen – nehmen Sie niemals an, dass die Situation von gestern auch auch heute identisch sein wird.
  • Überprüfen Sie Ihre Sourcing Kommunikation: Sprechen Sie aktive Talente gleich wie passive Kandidaten an? Individualisieren Sie ihre Ansprache und Kommunikation.
  • Kommuniziere Sie mit anderen Sourcern, aber auch den Recruiting Kollegen, lassen Sie sich Feedback geben, damit Sie Fehler aufdecken und vermeiden können.
  • Denken Sie über den Zweck von Active Sourcing für das Unternehmen nach und stelle sicher, dass es wirklich im Unternehmen verstanden wird und helfen Sie mit, dass jeder zum Erfolg beitragen kann.
  • Tauschen Sie sich auch mit anderen Sourcern aus anderen Unternehmen aus und werden Sie ein Teil der Sourcing Gemeinschaft

Woher kommt der Begriff: Zombie-Sourcing?

Die Blogposts über Zombie-Scrum  (hier oder hier  oder hier mehr) gaben dem Phänomen, dass ich seit Jahren beobachte, einen Namen: Zombie-Sourcing. Active Sourcing wird gerade gehypt, aber viele machen sich etwas vor.  Keine Frage, Active Sourcing kann der Turbo Ihrer Personalgewinnung werden. Einfache Funktionen kann man auch mit einfachen intuitiven Suchen besetzen, da muss niemand über Zombie-Sourcing sprechen und es künstlich kompliziert machen. Doch wenn es darum geht, qualifizierte Kandidaten mit mehreren Skills zu finden oder dem Fachkräftemangel gegenüber dem Wettbewerb zu trotzen, geht es nicht mehr “einfach”. Komplexe Problem erfordern immer komplexe Lösungen.

Fazit und Zusammenfassung

Nur wer gezielt sucht, kann auch gezielt finden. Deshalb müssen in den Suchen nach qualifizierten Kandidaten die Prozesse des Sourcings stimmen. Wenn alle vereinfachen und nur so tun, als wenn alles in Ordnung wäre und Potemkinsche Dörfer aufbauen, scheitert die proaktive Personalgewinnung. Und reißt nicht selten den Recruiting-Prozess mit sich in den Abgrund und heizt den Fachkräftemangel an.

Leider wird das falsche Bild, was Active Sourcing sei, zusätzlich auch noch von Sourcing Trainern und Selfmade-Active Sourcing Experten aufrecht erhalten, die sogar Zombie-Sourcing lehren. Leidtragende sind hier nicht nur die Sourcer, die es dann falsch machen, sondern die Unternehmen und die Kandidaten. Zombie-Sourcing Lehrer outen Sie ganz einfach mit zwei Fragen: Wieviel Stellen haben Sie schon erfolgreich mit Active Sourcing besetzt? Und wie sieht Ihrer Meinung nach ein effizienter Sourcing Prozess aus? – Sie werden sie nicht qualifiziert beantworten können.

Es wird Zeit, dass wir das – besonders um die User bzw. Kandidaten zu schützen – ändern. Und deshalb mein Ratschlag: Lassen Sie sich nicht frustrieren, wenn Sie jetzt denken, das Sie in einem Zombie-Sourcing-Team sind. Machen Sie es einfach besser vor und zeigen Sie Ihren Kollegen, dass es Spaß macht, wenn sie sich verbessern Und noch viel mehr Freude, wenn man man Stellen mit den richtigen Kandidaten besetzt, die sich bedanken!

Happy Sourcing!

 

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    Autor:in

    • Barbara Braehmer

      Sie ist pragmatische Talentfinderin, Expertin im ‚Finden‘ talentierter Mitarbeiter, Social Recruiting Coach, Master-Sourcerin, Trainerin und Autorin des Besteller-Kompendiums “Praxiswissen Talent Sourcing” sowie Co-Autorin des Bestellerbuches ‘Praxishandbuch Social Media Recruiting’. Nach einem BWL-Studium in Deutschland und Großbritannien, langjähriger Erfahrung als Personalmanagerin in renommierten Qualitätsunternehmen der Industrie und als Partnerin bei Top-10-Personalberatungen gründete sie 2005 die Intercessio GmbH. Ihr Motto: In Dir muss brennen, was Du in anderen entfachen willst – Augustinus