Es gibt zwei Paralleluniversen des Social Recruitings: Der Talentmangel und das Massenproblem. In beiden Welten die eigneten Mitarbeiter zu finden, ist heute ein Kunststück. Besonders schwer ist es für Recruiter, dass diese beiden Welten fast amöbisch ineinander wabern, also so gar keine statische Form haben. Mal sind es einfach viel zu viele Bewerbungen und man hat die Schwierigkeit, die richtigen zu finden. Parallel trocknet gerade ein Talentpool für eine wichtige Stellenbesetzung komplett aus und man jagt einzelnen Spezialisten hinterher. Für ‘normale’ Unternehmen schwer planbar, aber Realität des Social Recruitings.
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Was sind Love Brands?
Und dann gibt es noch die ‘nicht normalen’ Unternehmen, die nur eine dieser Welten kennen. Die glücklichen dieser Unternehmen können konstant aus dem Vollen schöpfen, weil sie es geschafft haben: Ihre Employer Brand stimmt und hat Magie, sie können fast tun, was sie wollen. Die Bewerber stehen Schlange, machen Kopfstände, warten. Die Recruiter sind dankbar über jedes Tool, das ihnen hilft diese Kandidatenmengen zu bewältigen und auszusortieren. Talent Acquisition? Bitte nicht – dann werden es noch mehr! Diese Unternehmen sind meist sogenannten ‘Love Labels’ – manches Mal sogar mit fast sektenhaftem Verhalten, das einfach mit Sog-artiger Wirkung alles vom Bewerbermarkt mitreißt.
Wenn Kandidaten kreativ werden: die Social Bewerbung
Wechseln wir die Perspektive und ziehen den Hut eines heutigen Bewerbers auf: Dieser hat nun die Möglichkeiten des Webs zur Verfügung (plus die klassische Bewerbung und den Lebenslauf) – und zunehmend neue, ich-betontere Werte und damit den Willen und die Möglichkeiten, seine Zukunftsvorstellungen auszudrücken und auf Augenhöhe mit den Unternehmen zu bleiben. Was machen sie daraus? Noch wenig, wenn man es genau nimmt. Weil wir Recruiter so sehr an unseren Auswahlinstrumenten (zentriert um den Lebenslauf und der Struktur einer ‘Bewerbung’) festhalten. – Und die Bewerber wohl empathischer sind als wir. Sie passen sich an.
Und so schwer es ist, an diesem Konstrukt klassischer ‘Bewerbung’ und damit dem Workflow und der Denkwelt vorbeizukommen: Einige wenige zeigen es und versuchen es. Heute werden Links zu Websites als Referenz geschickt, Profile immer kreativer gestaltet. Lebensläufe und die Anschreiben weichen immer öfter schon in der Farbgebung, aber auch Sprache und Gestaltung vom klassischen Muster ab. Social bedeutet indivueller und damit eine echte Herausforderung für uns im Recruiting: Wollen wir angepasste Delphin-Karrieristen, die alten Regeln hinterherlaufen – oder vorausschauende, eigenständig denkende Talente?
Stand-out the Crowd
In der letzten Woche hat eine junge Frau es geschafft, die gesamten englischsprachigen HR-Medien zu dominieren und das Social Recruiting einen Schritt voranzutreiben. Und sie ist keine Recruiterin, sondern eine: Bewerberin. Und ganz klar ein Talent, denn Sie hat bereits eine Ausnahmekarriere in Jordanien hinter sich, die Jordanische Königin als Medienberaterin unterstützt und ein kleines Unternehmen gegründet. Nina Mufleh sehnlichster Traum ist bei Airbnb zu arbeiten – und wenn’s Kaffeekochen ist. Dafür ist sie nach USA gegangen, hat ihre kleine Firma aufgegeben und absolut alles getan, um aus der riesigen Masse der Bewerber herauszustechen, die geduldig und wiederholt bei Airbnb anklopft. Und was für Bewerber – alles Talente!
Denn dieses Unternehmen ist ein Love Label – und verändert gerade die Hotelwelt. Für diejenigen, die es noch nicht kennen: Über Airbnb können Sie private Räumlichkeiten an Fremde vermieten, das geht natürlich auch via App und mobile. Sozusagen das ‘Über’ für Übernachtungen. (Funktioniert sehr gut, kann ich Ihnen als Airbnb-Nutzer bestätigen und macht Spaß).
Wie geht eine Social Bewerbung?
Nina Mufleh hat nach zig verzweifelten Bewerbungen in allen Schattierungen über monatelange Aktionen (wie gesagt: als Social Media Profi!) den direkten Weg gewählt – direkter geht es gar nicht. Sie hat eine Top Social Bewerbung Website erstellt. In dieser schlägt sie Airbnb vor und erklärt, wie und warum sie empfiehlt, im Nahen Osten zu expandieren. Und jetzt kommt der wichtige Punkt eines echten Talents: Sie hat sich nicht in die Reihe der braven Bewerber wieder eingereiht, gewartet und den Link einfach so auf normalem Weg geschickt. Sondern sie hat einen Tweet geschickt und von allen lesbar – und dieser Tweet war auf Augenhöhe: Es war keine direkte Bewerbung! Hier die Konversation:
Und so sieht sie aus: die perfekte Social Bewerbung
Hier noch einmal der Link zur gesamten Social Bewerbung. Ach so und wie es weitergeht: Nina Mufleh hat Ihren Bewerbungstweet am Dienstag letzter Woche abgesetzt. Und ja, ihre Bewerbung hat nicht nur die Aufmerksamkeit der Internetgemeinde erregt, sondern die des Vorstands: CEO Brian Chesky and CMO Jonathan Mildenhall. Und ein bißchen Mitarbeiterempfehlung war auch dabei, um die Reaktion der Vorstände wirklich zu forcieren, aber auch diese scheint sie geschickt per Twitter induziert zu haben. Wir sind gespannt, ob ihr Profil auf LinkedIn bald eine Änderung zum Love Label zeigt – viel Glück Nina Mufleh!
Was lernen wir daraus?
Ein echtes Talent zeigt sich nicht dadurch, dass es Regeln einhält. Es zeigt sich dadurch, dass es Regeln nicht und wie es diese Regeln nicht einhält! Und das ist nicht neu. Haben wir das vor lauter Technikverliebtheit und Effizienzorientierung vergessen? Die Lebensläufe aller Vorstände, Top-Geschäftsführer, Influencer zeigen uns doch überall: Eine Delphin-Karriere ist genau nicht die Voraussetzung für Erfolg. Suchen wir immer nur nach Matchings mit unseren Raster von Stellenprofilen mit standardisierten Lebensläufen, geregelten Bewerbungssystemen und sonstigen Software-Tools, rastern wir genau die Talente raus, die uns Ideen, Veränderungen und Zukunft bringen. Unser heutiger Bewerbungprozess ist nicht auf dieses Talent Management eingestellt, wir suchen nach Menschentypen und nicht nach Charakteren mit Ecken und Kanten, mit Visionen und Ideen. Wir wollen sie in Modelle, Schemen und Systeme pressen. Weil es so schön praktisch und effizient ist. Aber wenn wir ehrlich sind: Effizient ist es nicht wirklich, wenn wir so die Talente verpassen, oder?
FAZIT:
Ok, stattgegeben, ein Team funktioniert natürlich nicht mit lauter talentierten Solitären und begabten Experten-Diven. Der richtige Mix zwischen ‘Normalos’ und ‘Talenten’ macht es. Aber genau das ist das Management von Talenten. Nina Mufleh lehrt und erinnert uns, dass erfolgreiche Unternehmen der Zukunft viel mehr Raum und Platz für diese Mitarbeiter-Diamanten einrichten müssen. Und im Recruiting gezielter ‘Talente sourcen’ – also nach ungewöhnlichen Skills- und Mindset-Kombinationen fahnden. Talentmanagement ist kein Elitedenken, sondern Freiraum für Entfaltung schaffen, auch durch tolerantes, empathisches Recruiting.
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